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Gedanken zum Antikriegstag am 3. September 2006 auf dem Friedhof Hühnersiepen
von Matthias Wagner
Liebe Mitbürger, liebe Mitbürgerinnen, liebe Friedensfreunde,
Vergangenheit und Gegenwart lassen sich nicht trennen. Das zeigt der Krieg Israels gegen den Libanon in diesem Jahr sehr deutlich. Ich möchte Ihnen erklären, wie Lüdenscheids Geschichte damit verbunden ist.
Dank der guten Zusammenarbeit der Gestapo (Geheimen Staatspolizei), der Ortspolizei, der Standesamtes, des Einwohnermeldeamtes, des Finanzamtes und vieler anderer Ämter in Lüdenscheid wurden auch hier ab 1938 alle Juden, die nicht fliehen konnten, gefangen genommen und in den Tod geschickt. Von den ca. 110 jüdischen Lüdenscheider wurden 36 ermordet. Das Arbeitserziehungslager in Lüdenscheid-Hunswinkel war am Ende des Krieges auch Gefangenenlager der Kölner Gestapo. Sie brachte hierhin eine Gruppe von ungefähr 50 jüdischen Rheinländern, die in den letzten Kriegsmonaten noch in ihren Verstecken entdeckt und in den Tod geschickt wurden. Mehrere starben in Hunswinkel. Von zweien sind dank der Grabsteine Nachrichten erhalten geblieben. Was den anderen widerfuhr, ist wohl kaum noch zu klären. Denn das Haftbuch des Lagers verschwand nach Kriegsende. Das Lager Hunswnikel war ein Teil des wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Lebens in Lüdenscheid während der Zeit der Nationalsozialisten. Ein Lüdenscheider Arzt aus der Altenaer Str. war zuständig und selten anwesend, Lebensmittel, saubere Wäsche und lebenswichtige Dinge und viele andere Artikel wurden dorthin verkauft. Am Wochenende unternahmen manche Lüdenscheider in die Umgebung des Lagers im Versetal Ausflüge. Vereinzelt zeigten Lüdenscheider Erbarmen mit den ausgehungerten Strafgefangenen und versteckten für sie an Baustellen Butterbrote oder andere Nahrungsmittel. Aber die große Mehrheit schaute weg und verschwieg die Unmenschlichkeiten der Wachhabenden Polizisten und Hilfspolizisten, die mit großen Doggen die erschöpften Häftlinge jagten und mit Lederpeitschen schlugen. Die Qualen, die übermenschlichen Anforderungen schwerste Steine zu schleppen und die völlig unzureichende Ernährung führten neben den Exekutionen zum Tod von ca. 550 der insgesamt ca. 5 000 Häftlinge.
Das Arbeitserziehungslager war ein kleiner Teil des Holocausts an ca. 150.000 jüdischen Deutschen und ca. 5,8 Millionen jüdischen Europäern. Knapp 10 jüdische Lüdenscheider konnten meistens auf Umwegen nach Palästina flüchten. Aber dort stießen sie auf neue Schwierigkeiten.
In vielen Ländern Europas gab es um 1900 judenfeindliche Aktivitäten. Am bekanntesten wurden die Pogrome im russischen Zarenreich. Viele osteuropäische Juden flohen, manche nach Westeuropa, viele in die USA und manche nach Palästina. Nach dem Ende des Osmanischen Reiches und des 1. Weltkrieges verwaltete Großbritannien für den Völkerbund, den Vorläufer der UNO, Palästina. Dorthin wanderten immer mehr Juden. Dagegen wehrten sich die dort lebenden arabischen Palästinenser mit friedlichen und kriegerischen Mitteln. Großbritannien schränkte deshalb die Zahl der hierhin flüchtenden und einreisenden Juden auf 75 000 Personen im Jahr ein. International schlossen sich viele Juden im Zionismus zusammen und strebten 2000 Jahre nach dem Ende des alten jüdischen Staates eine Neugründung am Berge Sion an. Nach dem Genozid und der Erkenntnis vieler Staaten, dass sie zu wenig den gefährdeten Juden geholfen hatten, war die politische Meinung weit verbreitet, dass die Juden einen eigenen Staat in Palästina erhalten sollten. Den Beschluss fasste die UNO 1947 mit großer Mehrheit. Der neue Staat erhielt sehr viele Hilfen und militärische Unterstützung von vielen Ländern. Dagegen fiel die Unstützung der Palästinenser gering aus und wuchs deren Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung angesichts der mangelnden Entwicklungsmöglichkeiten und der militärischen Überlegenheit Israels immer mehr. Viele kleine Friedensinitiativen reichten nicht aus, um die große Politik der Ungleichheit und Ungerechtigkeit zu korrigieren. Immer wieder wurden Kriege von Zaun gebrochen, meistens von Israel. Ihm wurde aber auch bis heute mit der Vernichtung gedroht. Dass die westlichen Staaten, zu denen auch die Bundesrepublik gehört, Israel immer wieder bevorzugten und zu wenig für einen dauerhaften Frieden mit den Palästinensern leisteten, ist der größte politische Fehler des Westens in der Nachkriegszeit. Wenn es ihm nicht gelingt, ohne Waffen und ohne Gewalt im nahen und mittleren Osten - also in Palästina, im Libanon, in Syrien, im Irak und besonders im Iran - Vertrauen und Partnerschaft aufzubauen, gefährdet er den Frieden in der Welt. Nach der Ermordung von 6 Mio. Juden durch Deutsche haben sie heute die politische Verantwortung, das Leben der Juden in Israel zu schützen. Das darf aber nicht auf Kosten der Palästinenser geschehen. Deshalb hat Deutschland auch eine politische Verantwortung gegenüber ihnen.
Wenn die internationale Friedenspolitik immer noch fast vollständig Militärpolitik ist und die Möglichkeiten der nichtmilitärischen Friedenspolitik nicht weiterentwickelt werden, besteht immer mehr die Gefahr eines großen Krieges mit unübersehbaren Folgen. Auch vor dem 1. Weltkrieg bauten die Weltmächte ihre Politik immer mehr auf militärische Stärke auf. Die Folgen waren verheerend. Die Drohung und Anwendung von militärischer Gewalt gegen die arabischen Staaten ist heute die größte Gefahr für den Weltfrieden.
Die Armeen Deutschlands haben zwei Weltkriege begonnen, denen 65 Millionen Menschen sinnlos zum Opfer fielen. Deshalb muss Deutschlands Aufgabe heute sein, erstens mehr Friedenspolitik ohne Militär zu entwickeln und zweitens Lebensverhältnisse im Nahen Osten zu schaffen, die Israels Schutz und die menschenwürdige politische Zukunft der Palästinenser in einem eigenen Staat mit den Grenzen von 1947 sichern. - Die politischen Schatten des deutschen Nationalsozialismus sind noch heute Teil der Weltpolitik. Unsere Aufgabe ist es, die Lehren daraus zu ziehen und in eine effektive deutsche und internationale Friedenspolitik umzusetzen. Die beiden Grabsteine der jüdischen Opfer von Hunswinkel und die 36 jüdischen Lüdenscheider, die Opfer des Holocaust wurden, mahnen uns, mehr für den Frieden im Nahen Osten zu tun.