Wort zum Frieden

Erklärung der Kreissynode Iserlohn
vom 27.11.02

Die Kreissynode beschloss auf ihrer Tagung am 27.11.02 folgendes Wort zum Frieden:

Die Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen hat auf ihrer Novembertagung ein Papier zur Friedensethik und kirchlichem Friedenshandeln verabschiedet. Es trägt den Titel "Frieden durch Recht und Gerechtigkeit". Darin heißt es u.a.:

"(I/5) Die NATO hat auf die neuen internationalen Herausforderungen mit einer Veränderung ihres strategischen Konzepts reagiert, mit der insbesondere das Verständnis von Sicherheit und der Bündnisauftrag neu definiert werden: Militärische Interventionen der Bündnispartner aus außenpolitischen und geostrategischen Interessen werden jetzt nicht mehr ausgeschlossen. Die Führungsmacht USA betont dabei zunehmend die militärische Komponente und erweitert im Kampf gegen den Terrorismus die Ziele und verschärft die Mittel bis hin zur Androhung des Einsatzes von Miniatombomben. Sie weckt zudem den Eindruck, ökonomische Interessen zu verfolgen und internationale Rechtsgrundlagen unberücksichtigt zu lassen. Auch Deutschland hat im Zuge dieser Entwicklung seine langjährige militärische Zurückhaltung aufgegeben und beteiligt sich jetzt verstärkt an militärischen Aktivitäten, was im Gegenüber zum sicherheitspolitischen Selbstverständnis der Bundesrepublik der Nachkriegszeit einen gravierenden Wandel in der Grundorientierung bedeutet. Problematisch ist im Einzelfall die Legitimation durch nationale Rechtsgrundlagen.

(II) Die Bibel stellt den untrennbaren Zusammenhang von Frieden und Gerechtigkeit in den Mittelpunkt allen Friedenshandelns: "Das Werk der Gerechtigkeit wird Friede sein und die Frucht des Rechtes Sicherheit auf ewig." (Jes 32,17; vgl. Ps 85,11ff).

Die Kirche nimmt diese Friedensverantwortung unter anderem wahr durch Stellungnahmen und Worte, die jeweils auf einen aktuellen Kontext Bezug nehmen und deshalb je neu ausgerichtet und formuliert werden müssen. Sie wendet sich sowohl an die Entscheidungsträger in Politik und Militär als auch an einzelne Christinnen und Christen im Blick auf die ethische Beurteilung des staatlichen Friedenshandelns.

(III/2) So wie innerstaatliche Konflikte durch das jeweilige nationale Recht geregelt werden, so ist in der internationalen Friedensordnung das Völkerrecht, insbesondere die Charta der Vereinten Nationen anzuwenden. Die Völkergemeinschaft hat eine Agenda für den Frieden entwickelt und unterhält einen Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag, verfügt aber noch nicht über eine Exekutive, wie sie nach der UN-Charta vorgesehen ist. Der Ausbau internationaler Ordnungsstrukturen zur Krisenprävention und zur zivilen Konfliktbearbeitung ist dringend notwendig. In diesem Zusammenhang gewinnen Fragen der Rechtsordnung und des Mandates an Bedeutung. Es ist darauf zu drängen, dass das Monopol der UN zur Legitimation aller Formen der Friedenserzwingung mit Waffengewalt unbedingt respektiert wird.

(III/3) Die Folgen der Globalisierung unter der Herrschaft der Finanzmärkte sowie die Auswirkungen der Schuldenkrise in vielen Ländern der Welt erzeugen ein Klima, in dem Gewalt- und Terrorbereitschaft wachsen. Nur ein umfassender Sicherheitsbegriff, der zu aller erst nichtmilitärisch verstanden wird, soziale, wirtschaftliche, rechtliche und kulturelle Dimensionen umfasst und über das eigene Bündnissystem hinaus entfaltet wird, kann finanziell und materiell die Mittel freisetzen, die erforderlich sind, damit die großen Menschheitsaufgaben wie Hunger, Unterentwicklung und die Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts angemessen gelöst werden können. Darum muss die Kirche immer wieder deutlich fragen: Wie müssen Rüstungs- und Militärausgaben dimensioniert sein, um nicht im Widerspruch zu einer an einem gerechten Frieden orientierten Politik zu stehen?

(III/4) Militärische Mittel können gewaltsame Konflikte unterdrücken, im besten Fall begrenzen oder unterbrechen, Frieden schaffen können sie jedoch nicht. Sie sind allenfalls als ein Versuch anzusehen, einen Zustand herzustellen, der es den beteiligten Konfliktparteien erlaubt, selbst wieder zu handelnden Subjekten in einem Prozess zu werden, der eine Lösung mit zivilen Mitteln befördert."

Soweit Auszüge aus der Stellungnahme der Landessynode.

In Fortführung dieser Gedanken der Landeskirche gibt die Kreissynode Iserlohn in Bezug auf den gegenwärtig drohenden Krieg im Irak folgende Stellungnahme ab:

Es erscheint uns dringlich, vor jedweder Angriffsentscheidung sorgfältig die Ergebnisse der Rüstungskontrollen zu bewerten, wie es die UN - Resolution vorsieht. Für den Fall, dass Irak hier geringfügige Vergehen angelastet werden und dies zum Anlass für einen Militärschlag genommen wird, muss die Beteiligung der NATO seitens der Europäer abgelehnt werden. Ob als US-amerikanischer Alleingang mit London oder als NATO - Aktion ist unter diesen Umständen von der Bundesregierung zu fordern, dass sie eine Nutzung von militärischer Infrastruktur auf deutschem Boden solange verhindert, wie Gewaltmaßnahmen ohne UN - Mandat durchgeführt werden.

Iserlohn, am 27. November 2002