Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
am 1. September 1939 begann mit dem Überfall des faschistischen Deutschland auf Polen der zweite Weltkrieg. Mit diesem Krieg brachte Deutschland zum zweiten Mal im 20. Jahrhundert ungeheures Leid über Millionen von Menschen. 55 Millionen Menschen wurden getötet, unzählige wurden verletzt und verstümmelt, Hunderttausende zu Zwangsarbeit verschleppt, Tausende von Dörfern und Städte wurden zerstört. Andersdenkende und Regimegegner wurden umgebracht. Den Höhepunkt fand die faschistische Barbarei in der systematischen und industriellen Ermordung von 6 Millionen Juden in den Vernichtungslagern.
Aus all diesem Grauen zogen überlebende AntifaschistInnen die Konsequenz: "Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel" (Schwur von Buchenwald).
Seit 1957 als der Deutsche Gewerkschaftsbund unter dem Motto "Nie wieder Krieg" zu antimilitaristischen Aktionen aufrief, demonstrieren die friedensbewegten Menschen am 1. September, dem Antikriegstag.
Im Potsdamer Abkommen der Siegermächte wurde festgelegt, dass Deutschland entnazifiziert, entmilitarisiert sowie wirtschaftliche Macht durch die Entflechtung monopolistischer Großunternehmen eingeschränkt werden sollte, damit von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen kann.
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wurde als eindeutige Konsequenz aus dem deutschen Faschismus nazistische Nachfolgeorganisationen verboten und klar und eindeutig festgelegt, dass die Bundeswehr nur zur Verteidigung Deutschlands (nach Eintritt in die NATO auch seiner NATO-Verbündeten) einsetzbar ist.
Wir erleben anderes: In den letzten zwei Jahren hat es in Lüdenscheid mehrere Aufmärsche Rechtradikaler gegeben, die mit Sprüchen Organisationen des damaligen faschistischen Deutschland huldigten und ihre Ausländerfeindlichkeit offen bezeugen konnten. Insgesamt nehmen antidemokratische Tendenzen und Ausländerfeindlichkeit erschreckende Formen an. Im Zuge dieser Stimmungen ist das Ausländerrecht und das Asylrecht soweit eingeschränkt worden, dass man von einem Asylrecht in der Bundesrepublik Deutschland kaum noch sprechen kann.
Wir erleben aber auch anderes wenn wir daran denken, dass die Väter unseres Grundgesetzes die Bundeswehr als - wie oben dargestellt - reine Verteidigungsarmee definierten. Deutschland beteiligte sich im Rahmen der NATO am Krieg gegen Jugoslawien. Dies ist ein eindeutiger Verstoß gegen die Verfassung, hier beteiligte sich Deutschland an einem Angriffskrieg, erstmalig seit dem Ende des zweiten Weltkrieges und dieses nicht unter einer konservativen Regierung, sondern einer Regierung aus Sozialdemokraten und Bündnis 90/Die Grünen. Dieser Krieg, der wie sich zeigt kaum ein Problem in dieser Region gelöst hat, ist auch mit einem Bruch des Völkerrechts verbunden. Die NATO missachtete die Regeln der UN, die einstmals auch als völkerübergreifende Weltfriedensorganisation aufgebaut werden sollte, aufs äußerste.
Diese Kriegsbeteiligung Deutschlands kam aber nicht aus heiterem Himmel, sie war vorbereitet. Die Regierungen von Helmut Kohl sind unter den Verteidigungsministern Scholz, Stoltenberg und Rühe immer an die Grenzen der öffentlichen Zumutbarkeit gegangen: z.B. der humanitäre Einsatz im Kambodscha, Minenräumen im Golf, Awacs-Überwachungsflüge über der Adria, Somalia, Sfor-Einsatz. Es war damals nie eine direkte Beteiligung am Kampfgeschehen. Es war aber offensichtlich von Anfang an das Ziel, alle Grenzen Stück für Stück so weit zu verschieben, dass das Militär wieder zu einem Mittel von Politik gemacht werden kann, wie Wolfgang R. Vogt, wissenschaftlicher Direktor an der Führungsakademie der Bundeswehr in der Zeitschrift STERN formulierte.
Ein Meilenstein in Richtung des Tabubruchs "kein Angriffskrieg" sind die Verteidigungspolitischen Richtlinien des Verteidigungsministers Rühe von 1992, in denen der Aufbau von "Krisenreaktionskräften" der Bundeswehr angeordnet wurde. Die Bundeswehr sollte künftig als Instrument der deutschen Außenpolitik für "die Aufrechterhaltung des freien Welthandels und den ungehinderten Zugang zu Märkten und Rohstoffen" eingesetzt werden sowie für die Sicherung anderer "vitaler deutscher Interessen". Hier wird deutlich, dass die rot-grüne Bundesregierung im militärischen Bereich die Politik der Kohl-Regierungen konsequent fortgesetzt hat, obwohl sie in ihren Koalitionsvereinbarungen anderes sagte. Es geht hier einzig und alleine um wirtschaftliche Interessen, die durch die "Einsatzkräfte" auch außerhalb Deutschlands durchgesetzt werden sollen.
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