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»Auch der UN-Sicherheitsrat ist an Verträge gebunden«

Das Verhalten des Iran rechtfertigt aus juristischer Sicht keine Sanktionen. Völkerrecht garantiert Atomforschung. Ein Gespräch mit Norman Paech

Artikel aus der jungen Welt vom 06.05.2006

Norman Paech ist außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags


Die US-Führung beschwört nahezu täglich die Bedrohung der internationalen Gemeinschaft durch das iranische Streben nach Atomwaffen. Gibt es Beweise für dieses Streben?

Diese angeblichen Beweise sind genauso hart wie seinerzeit die Beweise gegen Irak. Im Fall Iran ist es sogar noch eindeutiger, weil hier die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) zwischen geschaltet ist. Die IAEO hat glaubwürdig versichert, daß es bisher keine Beweise gibt. Alles andere sind lediglich Vermutungen und Unterstellungen.

Der US-amerikanische UN-Botschafter, John Bolton, einer der Architekten des Irak-Kriegs, hat Teheran vorgeworfen, es habe mit der Verstreichung der Frist bis Ende April einen Beschluß des Sicherheitsrats mißachtet. Das Gros der Medien behauptet, Iran habe sich einer UN-Resolution widersetzt.

Das ist falsch. Richtig ist, daß der Präsident des UN-Sicherheitsrats Iran in einer Deklaration aufgefordert hat, auf die Urananreicherung zu verzichten. Das ist kein Beschluß des UN-Sicherheitsrats, sondern eine nichtbindende Erklärung des Präsidenten, die für Iran nicht verpflichtend war. Insofern lassen sich auch aus der Weigerung des Iran, dieser Erklärung des Präsidenten nicht Folge zu leisten, überhaupt keine rechtlichen Schritte ableiten, wie man das jetzt will. Ich möchte auch noch darauf hinweisen, daß die Erklärung des Präsidenten in ihrem ersten Paragraphen dem Iran sowie allen anderen Staaten, die keine Atomwaffen haben, garantiert, Atomforschung und Produktion für zivile Zwecke zu betreiben. Damit wird die Garantie des Nichtweiterverbreitungsvertrags (NPT) nochmals wiederholt. Aber diese Passage im Text des Präsidenten steht im gewissen Widerspruch zu den Forderungen an Iran, auf diese Aktivitäten zu verzichten.

Am Mittwoch abend haben die westlichen Vetomächte einen Resolutionsentwurf in den Sicherheitsrat eingebracht, der Iran mit Sanktionen droht, wenn das Land seine Urananreicherung nicht beendet. Wenn der NPT-Vertrag als Teil des Völkerrechts dem Iran aber das unveräußerliche Recht auf Urananreicherung für zivile Zwecke garantiert, wäre das demnach eine Mißachtung des Völkerrechts.

Ja, der NPT als Vertragsvölkerrecht ist allgemein verbindlich für alle Staaten, die ihn ratifiziert haben. Zweitens steht auch der UN-Sicherheitsrat nicht über dem Völkerrecht, sondern er ist an das Völkerrecht und somit auch an den NPT gebunden. Der Sicherheitsrat kann also nichts anderes beschließen als das, was vom NPT gedeckt ist. Er kann also genau genommen gar nicht den Verzicht auf zivile Atomaktivitäten verlangen, weil diese im NPT garantiert sind und an diese Garantie auch der UN-Sicherheitsrat gebunden ist. Auch die Russen und Chinesen haben gute Juristen, und ich bin noch nicht überzeugt, daß die Resolution, so wie sie von den USA gewollt wird, von denen akzeptiert wird.

Was passiert, wenn im UN-Sicherheitsrat dennoch eine solche völkerrechtwidrige Resolution zustande kommt?

Das ist eine sehr schwierige Situation. Nach deutschem juristischen Maßstab kann man sein Recht vor Gericht einklagen. Im weltweiten Rahmen wäre dafür der Internationale Gerichtshof (IGH) zuständig. Aber eine Hierarchie der Organe gibt es nicht und der IGH steht gleichrangig neben dem Sicherheitsrat. Folglich hat der IGH keine Judikationsmöglichkeit über dessen Beschlüsse. Der IGH kann zwar einen Verstoß des Sicherheitsrats gegen das Völkerrecht feststellen, dieser Verstoß kann aber nicht sanktioniert werden.

Warum verhandelt Washington nicht direkt mit Teheran?

Die USA verhalten sich wie die Israelis, die mit der Hamas nicht verhandeln wollen. Wenn man am Verhandlungstisch sitzt, dann muß man auch kompromißfähig sein. Und dazu sind die USA offensichtlich nicht bereit.

Washington behauptet, im Nahen und Mittleren Osten den Frieden sichern zu wollen. Wäre es da nicht angebracht, auf Israel einzuwirken, damit es seine 200 bis 300 Atomwaffen verschrottet?

Das ist genau der Vorschlag, den wir immer gemacht haben, auch im Rahmen des Bundestages. Denn die Problematik des iranischen Atomprogramms ist ohne die Einbeziehung der Bedrohung durch Israel und des Palästinaproblems nicht zu verstehen. Nur im Gesamtkontext ist eine Lösung möglich, die in Form einer atomwaffenfreien Zone im ganzen Mittleren Osten gesucht werden sollte.

Interview: Rainer Rupp

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