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Der 1. und 2. Mai 1933:
Nationaler Feiertag und Todestag der freien Gewerkschaften

1932 war der Deutsche Metallarbeiterverband (heutige IG Metall) durch die Arbeitslosigkeit von 67% seiner Mitglieder geschwächt. Nicht viel besser war die Situation der Gewerkschaftsmitglieder in anderen Branchen. Dennoch gelang es der NSBO (Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation) nur in wenigen Betrieben, Fuß zu fassen. Auch bei den Betriebsratswahlen im März 1933 erreichte sie trotz vieler Umzüge und der Unterstützung durch die seit sechs Wochen regierenden Nationalsozialisten nur ein Viertel der Stimmen.

Wegen des allgemeinen Verbots der Kommunistischen Partei durch die NSDAP wurden die kommunistischen Betriebsratsmitglieder ausgeschlossen und verhaftet. Ebenfalls wurden die christlichen Gewerkschaftsmitglieder ausgegrenzt. Die Maifeier 1933, die erstmals als freier und bezahlter Tag begangen werden konnte, sollte nach dem Willen der NSBO zum Tag der nationalen Einigung und der "Arbeiterbewegung" werden. Nicht mehr die Vielzahl miteinander konkurrierender freier Gewerkschaften, sondern nur noch eine große "völkische Arbeiterbewegung" sollte es in Deutschland geben. Statt der Meinungsvielfalt sollte nur noch gelten "Ein Volk, ein Reich, ein Führer". Entsprechend wurde auch die Lüdenscheider Maifeier vorbereitet.

Der Karlsplatz (heutiger Rathausplatz) vor dem Gewerkschaftshaus war am 18. April 1933 in Adolf-Hitler-Platz unbenannt worden. Der Lüdenscheider Generalanzeiger meldete am 2.5.1933: "Prachtvoller Sonnenschein lag über der Stadt, als die Vereine die Kirchen verließen und mit ihren Fahnen zum Adolf-Hitler-Platz zurückmarschierten (...) Es war ein recht buntes Bild: Uniformen wechselten mit Frühlingskleidern ab, die Kinder trugen Fahnen und Fähnchen, die Militärmütze zeigte sich in allen Farben. Wer nicht in die Kirchen hineinkam (...), fand auf dem Adolf-Hitler-Platz Gelegenheit, der Übertragung der Berliner Festlichkeiten beizuwohnen. Die Stadt hatte dort einen Riesenlautsprecher aufstellen lassen, der vom "Hotel zur Post" her die Jugendkundgebung und die Ansprachen des Reichsministers Dr. Goebbels und des Reichspräsidenten Hindenburg tadellos übertrug. Die gleiche Übertragung war in allen Schulen vorgesehen und die Kinder versammelten sich in den verschiedenen Turnsälen, um die Reden zu hören. (...) Es waren rund 10.000 Personen! Der Festzug darf damit wirklich als der größte je in Lüdenscheid da gewesene bezeichnet werden." Vorher waren viele kritisch eingestellte Lüdenscheider inhaftiert und in das Konzentrationslager Benninghausen bei Lippstadt deportiert worden.

 Drei Monate nach der Ernennung Hitlers durch den Reichspräsidenten zum Reichskanzler stellte sich die Mehrheit der Lüdenscheider mit dem Hitlergruß für die auf dem Gewerkschaftshaus gehisste Hakenkreuzfahne hinter die "Nationale Bewegung". (vgl. Foto)

Am nächsten Tag zerschlugen NSBO und Nationalsozialisten die freien und die christlichen Gewerkschaften in ganz Deutschland. SA und SS drangen auch in das Lüdenscheider Gewerkschaftshaus ein, beschlagnahmten alles und inhaftierten die führenden Kräfte. Der größte Teil der im Jahr 1933 in Lüdenscheid inhaftierten 200 politischen Gefangenen wurde im März und Mai verhaftet.

Die Deutsche Arbeitsfront (DAF), die die nationalsozialistische Form der Arbeitervertretung wurde, beschlagnahmte das Vermögen der freien Gewerkschaften. Die Ziele der DAF waren die Unterordnung der Arbeiter unter die Interessen des Nationalsozialismus und der Unternehmer. Hierfür erhielten die Arbeiter Freizeitangebote, Reisen und später die Hoffnung auf einen Volkswagen. Auch die 3.500 Bücher der Gewerkschaftsbücherei und 9 Tage später, am 10. Mai, 4.000 (von 14.000) Bücher der Stadtbücherei wurden beschlagnahmt.

Nach einer Liste mit 131 verbotenen Schriftstellern wurden alle anderen öffentlichen Büchereien kontrolliert und Bücher aussortiert, z.B. die Bücherei der katholischen Gemeinde St. Joseph und Medardus. Nach der Gleichschaltung von Polizei, Gestapo, SA und SS schon am 22.2.1933, der Inhaftierung der Kommunisten ab dem 28. Februar, und dem Ausschluss der Sozialdemokraten aus dem Stadtrat im April, war die gewaltsame Auflösung der freien und christlichen Gewerkschaften am 2. Mai einer der wichtigsten Schritte zur NS-Diktatur in Lüdenscheid und Deutschland.

Am 21.1.1934 verbrannte die Lüdenscheider Feuerwehr einen großen Teil der beschlagnahmten Bücher. Zehn Jahre später war ein Drittel der jüdischen Lüdenscheider - d.h. 36 Personen - ermordet und zum Teil verbrannt.

Der warnende Satz in der Tragödie "Almansor" (1821) des deutschen Schriftstellers Heinrich Heine "Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen" wurde 120 Jahre später Wirklichkeit - in Lüdenscheid und Deutschland.

Dieter Saal
Matthias Wagner
Friedensgruppe Lüdenscheid

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