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Lüdenscheid im "Dritten Reich"

Begrüßungsansprache zur offiziellen Eröffnung der Ausstellung von Dieter Saal am 10. Oktober 2007

Meine Damen und Herren, Vertreterinnen und Vertreter der Medien, liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

im Namen der „Friedensgruppe Lüdenscheid“ begrüße ich alle sehr herzlich zur Eröffnung unserer Ausstellung „Lüdenscheid im ‚Dritten Reich’“, die noch bis 26. Oktober im Bürgerforum des Rathauses zu sehen ist. Sie wurde konzipiert, realisiert und finanziert von unserem Friedensfreund Matthias Wagner, dem ich besonders herzlich danke.

Ich bitte um Nachsicht, dass ich mich wegen der großen Zahl unserer Gäste, deren anspruchsvolle Zusammensetzung auch das überregionale Interesse an dieser Ausstellung eindrucksvoll unterstreicht, auf die namentliche Begrüßung der Ersten Stellvertretenden Bürgermeisterin der Stadt Lüdenscheid, Frau Ursula Meyer, sowie den Referenten, Herrn Dr. Alexander von Plato, beschränken muss.

Der Stadt Lüdenscheid danke ich für die Überlassung eines Teils des Bürgerforums für diese Ausstellung. Ein großes Dankeschön sage ich unserem Referenten, Herrn Dr. Alexander von Plato. Dr. von Plato war von 1993 bis zu seinem Ausscheiden 2007 der erste Leiter des Instituts für Biographie und Geschichte „Das deutsche Gedächtnis“ in Lüdenscheid. Er ist eigens aus Stade westlich von Hamburg nach Lüdenscheid gekommen. Ebenfalls danke ich unserem Friedensfreund und Liedermacher Rüdiger Drallmeyer, der die Ausstellungseröffnung mit Liedbeiträgen umrahmt.

Meine Damen und Herren, Friedensfreundinnen und Friedensfreunde, die Aufarbeitung der NS-Zeit begann in Lüdenscheid im Juni 1979 mit der Wanderausstellung „Reichskristallnacht 9./10. November 1938“, die auf Vermittlung des Stadtarchivs Lüdenscheid im Rathausfoyer gezeigt und um die Ereignisse in Lüdenscheid erweitert worden ist. Im Hinblick auf die Aufarbeitung der Geschichte unserer Stadt während der NS-Zeit sind beispielhaft zu nennen:

Zugegebenermaßen: In Lüdenscheid wurde seit Ende der 1970er Jahre, wenn auch mehr als ein Vierteljahrhundert nach Ende des Zweiten Weltkrieges, in Sachen Erforschung und Darstellung der NS-Zeit beispielgebend Wichtiges erreicht.

Nach Meinung der Friedensgruppe genügt das bisher Erreichte leider nicht, denn auch der Versuch der Darstellung der NS-Zeit im wohl kleinsten Raum der Museen ist unzureichend. Woran es mangelt ist die dauerhafte, pädagogisch und didaktisch zu entwickelnde Präsentation einer ausgewogenen Gesamtschau auf die Jahre 1933-1945 in unserer Stadt. Hierzu gehört, wie es zur Nazi-Diktatur gekommen ist und welches die Folgen des 2. Weltkrieges auch für die deutsche Bevölkerung waren, einschl. Flucht und Vertreibung. Bei sich bietenden Gelegenheiten wird immer wieder von politisch Verantwortlichen eindringlich darauf hingewiesen, dass sich die Nazi-Diktatur mit all ihren menschenverachtenden Folgen und dem daraus resultierenden Zweiten Weltkrieg nie mehr wiederholen dürfen.

Wenn insbesondere Politiker von uns allen erwarten, dass sich in Deutschland nie wieder eine Diktatur etablieren und von Deutschland nie wieder ein Krieg ausgehen darf, dann müssen die leid- und qualvollen Erinnerungen an die Nazi-Diktatur und ihre Folgen, gerade für die nachfolgenden Generationen, als ständiger Auftrag und als ständige Verpflichtung, objektiv, verständlich und umfassend vermittelt werden.

Wie kann man von nachfolgenden Generationen erwarten, dass sie die Werte einer Demokratie, in der sie leben, gegen eine Diktatur verteidigen müssen, wenn sie über die Folgen der Nazi-Diktatur nicht ausreichend informiert worden sind? Hierzu erscheint der Friedensgruppe Lüdenscheid eine Dauerausstellung über die NS-Diktatur mit der Verführbarkeit der Menschen an authentischem Ort, und zwar in den vormaligen Arrestzellen der Polizei im Keller des stadtzentral gelegenen Alten Rathauses, sowohl als geeignete Vermittlungsform als auch geeigneter Vermittlungsort. An der Verwirklichung dieser Gedenkstätte würde sich die Landeszentrale für politische Bildung finanziell beteiligen. Eine solche Beteiligung ist jedoch nicht für Räume in einem Museum möglich, da es kein authentischer Ort, also keine Gedenkstätte wäre.

Die Friedensgruppe kann mit amtlichen Dokumenten belegen, dass in den Arrestzellen des Alten Rathauses u.a. Juden inhaftiert waren, die anschließend in einem KZ ermordet worden sind. Am 1.11.1944 hat sich in der Arrestzelle des Altes Rathauses ein Häftling erhängt. Der im Nachhinein wohl bekannteste Lüdenscheider, der Sozialdemokrat und Widerstandskämpfer Erwin Welke, verbüßte in einer der Arrestzellen eine Haftstrafe. Er wurde später unser Oberbürgermeister, war als Sozialdemokrat auch Bundestagsabgeordneter und bekam als höchste städtische Ehrung das Ehrenbürgerrecht verliehen. Über 1.000 Personen waren kurzzeitig in den Zellen untergebracht. Unter diesem Aspekt der eindeutigen Beweislage ist es unakzeptabel, wenn weiterhin behauptet wird, dass in den Arrestzellen lediglich Säufer und Schläger eingesessen hätten. Unsere Ausstellung widerlegt ebenfalls, dass angeblich zu wenig Materialien zum Thema Lüdenscheid in der NS-Zeit vorlägen, um eine Dauerausstellung bestücken zu können.

Mit der Ausstellung „Lüdenscheid im ‚Dritten Reich’“ will die Friedensgruppe Lüdenscheid sachlich korrekt informieren, nicht anklagen. Sie will mit Hilfe dieser Ausstellung die von ihr propagierten Haftzellen im Alten Rathaus als authentische Ge-Denk-Zellen für eine Dauerausstellung über Lüdenscheid in der NS-Zeit erneut in die Öffentlichkeit tragen.

Wir leben in einem demokratischen und sozialen Bundesstaat. Unser Grundgesetz enthält das Friedensgebot und das Gebot der Gerechtigkeit in der Welt. Explizit verbietet es die Führung eines Angriffskrieges, obwohl Deutschland in Afghanistan entgegen unserer Verfassung Kriegspartei geworden ist.

Erinnern wir uns an die Aufmärsche der NPD und Rechtsradikaler in unserer Stadt. Die NPD, eine verfassungswidrige Partei, ist gem. Artikel 21(2) GG durch das BVG zu verbieten. Unsere Demokratie lebt von Demokraten und sie muss wehrhaft sein. Deshalb haben nach Artikel 20(4) GG alle Deutschen das Recht zum Widerstand gegen jeden, der es unternimmt, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. Wir müssen wachsam sein, auch vor dem Mutieren in einen Überwachungsstaat.

Ich hoffe sehr, dass es sich nicht immer wieder in tragischer Regelmäßigkeit wiederholen muss, was der Dichter und Kritiker Gotthold Ephraim Lessing gesagt hat, und zwar, dass man aus der Geschichte lediglich lernt, dass man aus ihr nichts lernt.

Heute kann die 2. überarbeitete und um ca. 800 Eintragungen ergänzte Auflage des Lüdenscheider Gedenkbuches für die Opfer von Verfolgung und Krieg der Nationalsozialisten 1933-1945, es umfasst 123 Seiten mit 29 Abbildungen, zum Selbstkostenpreis von 5 Euro erworben werden. Ab morgen ist es im Bürgeramt erhältlich.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte die Erste Stellvertretende Bürgermeisterin um ein Grußwort.


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