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Das Versagen der Politik - Unsere Meinung zum Mahnmal

Friedensgruppe Lüdenscheid
Gedanken der "Friedensgruppe Lüdenscheid" zur "Stätte der Erinnerung - für Frieden, Toleranz und Zivilcourage" und zur Sitzung des Kulturausschusses des Rates der Stadt Lüdenscheid am 9. Juli 2003

Datum der Tat: 9. Juli 2003; Ort der Tat: Stadtbücherei Lüdenscheid;
Zeitpunkt der Tat: ab ca. 17.15 Uhr;
Tatbestand: Beerdigung der "Stätte der Erinnerung - für Frieden, Toleranz und Zivilcourage" in der Sitzung des Kulturausschusses des Rates der Stadt Lüdenscheid.

Gegen die Stimmen der SPD, der Grünen und der Lüdenscheider Liste wurde mit den Stimmen der CDU, bei Stimmenthaltung der F.D.P., die vom "Bündnis für Toleranz und Zivilcourage, gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit", dem die Friedensgruppe Lüdenscheid angehört, im Bereich des neu zu gestaltenden Rathausplatzes geforderte "Stätte der Erinnerung - für Frieden, Toleranz und Zivilcourage" abgelehnt und sie somit formaljuristisch zu Grabe getragen. Aber die "Stätte der Erinnerung" lebt noch! Superintendent Klaus Majoress, der Sprecher des "Bündnisses für Toleranz und Zivilcourage, gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit", wurde vor der Beschlussfassung im Kulturausschuss die Gelegenheit gegeben, den Antrag des "Bündnisses" vorzutragen und zu begründen.Er warb auch um ein Gespräch mit allen im Rat der Stadt Lüdenscheid vertretenen Parteien, um gemeinsam mit diesen und dem "Bündnis" ausloten zu können, unter welchen Voraussetzungen die "Stätte der Erinnerung" konsensfähig ist.

Dem ebenfalls anwesenden Lüdenscheider bildenden Künstler Heinz Richter, der die "Stätte der Erinnerung" entworfen hat, wurde entgegen anderslautender Zusage leider nicht ermöglicht, die "Stätte der Erinnerung" hinsichtlich ihrer künstlerischen Gestaltung und ihrer in die Vergangenheit sowie in die Zukunft weisenden Inhalte zu definieren. Eine inhaltliche Auseinandersetzung über die "Gedenkstätte" fand in der Kulturausschusssitzung nicht statt.

Seitens der CDU wurde die "Stätte der Erinnerung" mit der Begründung abgelehnt, dass es in Lüdenscheid genügend Gedenkstätten an die NS-Zeit gäbe und es deshalb keiner weiteren "Stätte der Erinnerung" bedürfe. Überdies wäre es Sache des Elternhauses und der Schule, die Gräueltaten der NS-Diktatur jungen Menschen anschaulich zu vermitteln.

Dieses Vermitteln an das Erinnern an die NS-Zeit kann und darf nicht nur allein Aufgabe von Eltern und Schule sein. Hier steht die Politik an vorderster Stelle in der Pflicht. Gerade von ihr müssen die notwendigen Denkanstöße und Initiativen ausgehen, die im Blick auf die Vergangenheit und die daraus zu ziehenden Lehren und umzusetzenden Konsequenzen für die Zukunft verwirklicht werden müssen.

Peinlich muss es für die Sachkenntnis der CDU gewesen sein, als eines ihrer Ausschussmitglieder behauptete, dass an die Euthanasie-Opfer auch die Gedenktafel an der Stadtbücherei erinnert. Richtig ist, dass diese Tafel nur an den ehemaligen jüdischen Betraum erinnert. Ein spezielles Gedenken an die Opfer der Euthanasie gibt es in Lüdenscheid nicht.

Ebenfalls war CDU-seitig in der Aufzählung der NS-Gedenkstätten das Glatzer-Mahnmal ein Irrtum. Dieses Mahnmal ist ein Symbol für die Patenschaft, welche die Stadt Lüdenscheid im Jahre 1952 für die Stadt und den Kreis Glatz (damals Schlesien) übernommen hat. Auch das aufgezählte Ehrenmal an der Parkstraße ist primär keine Gedenkstätte an die Hitlerdiktatur, sondern wurde während der NS-Zeit im Jahre 1935 für die im Ersten Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten geschaffen. Der in diesem Bereich inzwischen gepflanzte Friedensbaum mildert die damalige NS-Intention nur unwesentlich.

Konstatiert wurde auch von der CDU, dass die kleine Gedenktafel an die NS-Opfer am sogenannten Rucksack des Rathauses leicht zu übersehen ist und deshalb kaum zur Kenntnis genommen wird. Diese textlich sehr allgemein gehaltene Tafel, die kein Mahnmal ist, sollte nach Meinung der SPD und der CDU im Zuge der Neugestaltung des Rathausplatzes einen hervorgehobenen Standort bekommen.

Der in der Kulturausschuss von der F.D.P. gemachte Vorschlag, die an der vorderen Bräuckenstraße stehende und inzwischen verfallende ehemalige Zwangsarbeiterbaracke unter Denkmalschutz zu stellen ist vom Grundsatz her gesehen löblich, jedoch nicht ausreichend. Bereits vor vielen Jahren hat Dieter Saal in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer des Heimatvereins Lüdenscheid leider erfolglos vorgeschlagen, nicht nur diese Baracke unter Denkmalschutz zu stellen, sondern sie ab- und im Garten der Museen am Sauerfeld wieder restauriert aufzubauen und darin eine Dauerausstellung über die NS-Zeit zu zeigen. Das auch in der Kenntnis, dass an die Zeit des Nationalsozialismus in den Museen der Stadt Lüdenscheid lediglich der kleinste zur Verfügung stehende Raum genutzt wird.

Auf das Angebot der SPD, dass sich alle im Rat der Stadt Lüdenscheid vertretenen Parteien gemeinsam mit Historikern und dem "Bündnis" zu einen Gedankenaustausch über die "Stätte der Erinnerung" zusammenfinden sollten, reagierte die CDU mit strikter Ablehnung.

Die CDU war noch nicht einmal dazu fähig, das noch bis zum 11. Juli in den Lüdenscheider Nachrichten und der Westfälischen Rundschau auch über Internet laufende Abstimmungsvoting über die "Stätte der Erinnerung" abzuwarten. Dieses Voting hat CDU-Bürgermeister Schmidt initiiert, der auch das die "Stätte der Erinnerung" fordernde "Bündnis" gegründet hatte. Mit ihrem Abstimmungsverhalten im Kulturausschuss sind die CDU-Mitglieder dadurch ihrem CDU-Bürgermeister in den Rücken gefallen.

Das Voting über Internet ist überdies eine Farce, sind doch nachweislich Mehrfachabstimmungen ein und derselben Person möglich, ohne dass eine solche Mehrfachabstimmung nachgewiesen werden kann. Egal, wie dieses Voting ausgegangen wäre, ob pro oder kontra "Stätte der Erinnerung", es kann schon deshalb nicht repräsentativ sein. Wäre es dennoch repräsentativ, dann kann dadurch nicht die Entscheidung des Rates der Stadt Lüdenscheid präjudiziert werden. Wenn es denn der von uns gewünschte politische Wille der Mehrheit des Rates der Stadt Lüdenscheid wäre, die "Stätte der Erinnerung" zu verwirklichen, dann würde diese auch realisiert.

Das von der CDU vorgetragene Argument, es gäbe in Lüdenscheid genug NS-Gedenkstätten, ist nur partiell richtig. Richtig ist, dass sich in den letzten Jahren hinsichtlich der im öffentlichen Bereich stehenden NS-Erinnerungsstätten eine Menge getan hat. Aber nach wie vor fehlt eine stadtzentral, zugleich stadtbildende und unübersehbar positionierte Mahnstätte. Man kann es mit Werbung vergleichen: Werbung, die von dem zu Bewerbenden nicht oder nicht ausreichend genug wahrgenommen und verstanden wird, ist ein Flop. Deshalb gehört die "Stätte der Erinnerung" in das Kommunikationszentrum unserer Stadt: auf den Rathausplatz.

Die Friedensgruppe Lüdenscheid wird sich gemeinsam mit dem "Bündnis" weiterhin dafür einsetzen, dass die "Stätte der Erinnerung" verwirklicht wird. Sie will insbesondere mit den letztendlich entscheidenden Vertretern des Rates der Stadt Lüdenscheid Gespräche führen, um einen für beide Seiten tragbaren Kompromiss hinsichtlich der "Stätte der Erinnerung" zu finden. Das gilt auch für den Standort dieser Gedenkstätte.

Anmerkung: Die CDU hat Probleme mit Deserteuren, jedoch nicht mit den Offizieren des 20. Juli 1944. Deserteure und Offiziere, allesamt Soldaten der deutschen Wehrmacht, hatten dem "Führer" Adolf Hitler bedingungslose Treue geschworen. Die Deserteure waren nicht mehr gewillt, weiterhin im Krieg zu morden. Die Männer des 20. Juli 1944 wollten Hitler töten. Beide, Deserteure und die Offiziere des 20. Juli 1944, wollten den unseligen Zweiten Weltkrieg beenden. Den Deserteuren war bewusst, dass sie standrechtlich hingerichtet wurden. Die Offiziere des 20. Juli 1944 konnten davon ausgehen, dass sie, wäre ihr Attentat auf Adolf Hitler erfolgreich gewesen, überlebt hätten. Den Männern des 20. Juli 1944 wird alljährlich gedacht, quasi als Feigenblatt des bürgerlichen deutschen Widerstandes gegen die NS-Diktatur. Die mutige und vorbildhafte Tat hingegen der Deserteure wird ignoriert und soll totgeschwiegen werden.

Der Argumentation von Ex-CDU Bürgermeister Jürgen Dietrich in der WR vom 11. Juli, die sich gegen die "Stätte der Erinnerung" ausspricht, kann nicht gefolgt werden. Er geht bei dieser Erinnerungsstätte von Folgendem aus: "Aus künstlerischem Unverständnis lösen Kunstwerke der modernen Richtung häufig Aversionen in der Bevölkerung aus" und sind "besonders kontraproduktiv". Es ist zu vermuten, dass Jürgen Dietrich den Entwurf der "Stätte der Erinnerung" nicht kennt, denn sie ist kein Kunstwerk moderner Richtung, sondern in ihrer eindringlichen Gegenständlichkeit keiner Kunstrichtung unterworfen und in ihrer augenscheinlichen Eindringlich ihrer Aussage eine an die Vergangenheit mahnende und zugleich in die Zukunft weisende Gedenkstätte. Insofern werden durch diese Gedenkstätte auch keine kontraproduktiven Aversionen in der Bevölkerung ausgelöst.

Die "Gedenkstätte" soll an folgende Opfergruppen während der NS-Tyrannei erinnern:Juden, Zwangsarbeiter, Sozialdemokraten, Kommunisten, Kranke, Gewerkschafter, aber auch an Soldaten, die Opfer und Täter zugleich waren und die als Deserteure standrechtlich hingemordet wurden. Gleichzeitig weist die "Gedenkstätte" durch ihr Erinnern in die Zukunft, eine Zukunft in Frieden, mit Toleranz und Zivilcourage. Unter diesen Zukunftsaspekten wurde von Lüdenscheids Bürgermeister Schmidt das "Bündnis für Toleranz und Zivilcourage, gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit" begründet.


Updated: Fri Jun 25 09:57:16 2004